Interpretation – 13 Punkte (1-) im Jahrgang 13 – Rechtschreibung berichtigt

Das Gedicht „Gibt es eine weibliche Ästhetik“ wurde 1981 von Ulla Hahn verfasst. Die Gedichte der 1946 in Brachthausen Geborenen haben emotionalen Charakter und sind in einfacher Sprache verfasst, die Verständlichkeit wird dadurch erleichtert. Auf dem zweiten Bildungsweg machte sie ihr Abitur und studierte Geschichte, Soziologie und Germanistik in Köln. Bekannt wurde sie durch gute Kritiken in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Nach ihrer Promotion arbeitete sie als Lehrbeauftragte für drei verschiedene Universitäten in Hamburg, Oldenburg und Bremen.Im August 1981 veröffentlichte sie ihren ersten Gedicht-Band „Herz über Kopf“, der ein großer Erfolg wurde. Außerdem arbeitete sie als Literaturredakteurin beim Radio Bremen und übernahm 1994 die Stelle als Poetik-Professorin an der Universität Heidelberg und ist heute als freie Autorin tätig. Sie erhielt für ihre literarischen Werke Auszeichnungen, unter anderem den „Deutschen Bücherpreis“.
Das Liebesgedicht thematisiert die Liebe zum Charakter und der Persönlichkeit im Gegensatz zu den äußeren Werten. Des Weiteren deutet der Inhalt auf eine längere Liebesbeziehung zwischen dem beschriebenem Mann und dem lyrischen Subjekt hin, da das Aussehen anfänglich oft noch eine Rolle spielt.
Auffällig ist die Reimlosigkeit und die Verwendung von Enjambements, die sich durch die ganze Strophe ziehen, das spiegelt die Hauptaussage des Gedichtes wider: Es kommt nicht auf die Form an, der Inhalt muss stimmen. Die aus 13 Versen bestehende Strophe ist ein durch Enjambements getrennter Satz. Das Zusammenspiel der männlichen und weiblichen Kadenzen bedeutet, dass es sich um eine enge zwischenmenschliche Beziehung handelt.
Die „hängenden Lider[]“ der Augen (V.2/3), die „gefurcht[e] […] Stirn“, (V.4/5) und die“kahle Stelle am Hinterkopf“ (V.9/10) deuten auf einen älteren Mann hin, wobei das Wort „gefurcht“ metaphorisch für „faltig“ steht. Eine Klimax ist von „fahl“ (V.7) zu „kahl“ (V.9) zu erkennen,wobei die Schönheit weiter in Mitleidenschaft gezogen wird. Die „Fettfalten“ (V.4) „am Kinn“ (V.3) sind ebenso negativ konnotiert wie die „dünnen spitzen Ohren“ (V.6/7), die als Schönheitsmakel gelten und verdeutlichen somit den Kontrast zwischen der inneren und der äußeren Schönheit.
Schönheit ist ein abstrakter Begriff, verbindet man sie jedoch mit Äußerlichkeiten, so würde man den beschriebenen Mann als unschön empfinden. Doch die Persönlichkeit, die man nicht sofort erkennen kann, kann viel schöner sein.
Nach der Aufzählung der Alterserscheinungen und Hässlichkeiten zieht das lyrische Ich das Fazit: „ich denke du bist von allen Männern der schönste“ (V.10-13). In der Liebe sind Äußerlichkeiten zweitrangig: Wer liebt, empfindet Schönheit!
Der lyrische Text ist noch in die Neue Subjektivität einzuordnen, diese Richtung umfasst die 1970er Jahre der deutschen Literatur und wurde von Marcel Reich-Ranicki geprägt; der Mann, der Hahn förderte. Charakteristisch für diese Epoche ist die Alltagssprache und die gehäufte Verwendung von Enjambements um die Unwichtigkeit der Form, des Aussehens, zu verdeutlichen. Die Autoren jener Zeit schreiben sehr gefühlsbetont, teilweise auch autobiografisch. Sie greifen dabei auch auf aktuelle Themen zurück und verüben Gesellschaftskritik in ihren lyrischen Werken. Teilweise werden auch tagebuchartig Familienschicksale behandelt. Für Literaturepochen gibt es keinen mit Datum festgelegten Beginn und ein Ende. Mit Ulla Hahn klingt diese Strömung langsam ab.

ba28868c055a459982083385307cd86b - Interpretation - Gibt es eine weibliche Ästhetik
Interpretation – Gibt es eine weibliche Ästhetik
Wissen verdoppelt sich, wenn man es teilt.
Markiert in:                 
Abonnieren
Benachrichtigen von
guest
0 Comments
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen