„Der Chronist der Winde“ von Henning Mankell (Interpretation)
Im Roman „Der Chronist der Winde“ von Hennig Mankell geht es um einen Mann namens José Antonio Maria Vaz, welcher die Leidensgeschichte eines 10 jährigen Straßenjungen namens Nelio erzählt. Dieser Junge erfährt ein schreckliches Schicksal als er in einem Theater angeschossen wird und nun auf dem Dach des Selben liegt. José Antonio Maria Vaz erzählt nun die unglaubliche Geschichte dieses Jungen, über Weißheit, das Straßenleben, Hoffnung, Träume und das bloße Überleben. Der mir vorliegende Textausschnitt ( S. 227 – 229 ) mit der Überschrift „Die letzte Nacht“ beschreibt José wie er sich am letzten Tag, an dem Nelio lebt, fühlt, was er sieht, wenn er durch dir Straßen läuft und wie heiß es in Maputo überhaupt sein kann. Überall predigen Menschen und Andere scharren sich um sie und glauben, wenn sie die Augen wieder öffnen, dass alles anders wäre. José Antonio fragt sich, ob er nur Angst vor dem Tod hat und erkennt endlich die wirklich Bedeutung dessen, was Nelio ihm die letzten 9 Tage erzählt hat. „Ich dachte, dass wir gezwungen würden, das Leben roh zu essen. Und danach wartete der Tod.“ (S. 229 letzten 2 Zeilen)
<
Im allgemeinen ist der komplette Textauszug aus „Der Chronist der Winde“ in Ich – Erzähler Perspektive geschrieben und es gibt eine leichte Zeitraffung. José betont besonders die Wärme, die er spürt, mit Hilfe einer Metapher und Hyperbel in Zeile 2-4 auf Seite 227. („Wenn ich meine Lungen leerte, entflammte sich die Luft und fiel wie schwarze Asche auf die Steine der Straße“) Damit versucht er die unertragbare Hitze und den Hintergrund, indem sich die nächste Handlung abspielt, zu schildern. Dieses Thema nimmt er auch später wieder auf. (S. 227 Z. 29 – S. 228 Z.1 „Trotz der Hitze schrubbte er seinen Körper mit gewaltiger Energie, als risse er sich eine ausgediente alte Haut ab.“) Er beschreibt die Situation in der er sich befindet bzw. wie er sich fühlt mit einem Vergleich in Zeile 11 – 13 auf Seite 227. („Es war, als wüsste ich nicht mehr, wo ich bin, als wäre alles, was mir geschah, ein Irrtum, für den eigentlich niemand verantwortlich war, der keinen kümmerte.“) Dies könnte man auf die Angst vor dem Tod Nelios beziehen, da er sich danach vermutlich sehr allein, verlassen fühlt und nicht verstehen kann, dass solch ein Junge, welcher die Welt durchschaut hat, wie es kaum ein Erwachsener könnte, sterben muss.
Er versucht im Weiteren die Situation dennoch ein wenig zu beschreiben, indem er sein Umfeld durch Vergleiche und Personifizierungen geschickt schildert. (S.227 Z. 18 – 26 „Der verrostete Motor in einem ausgebrannten Traktor sprach zu mir, wie ein höhnisches Poem, von einer Welt, die vor meinen Augen langsam zerfiel. Ich sah einen Jungen, ein Straßenkind, wütend den Sand peitschen, als strafe er die Erde für sein eigenes Elend. Ein einsamer Geier segelte lautlos […]. Er trieb auf den wirbelnden Aufwärtswinden, unempfindlich gegen die Sonnenstrahlen, die sein Gefieder durchbohrten.
Der Schatten des Vogels fiel […] auf meinen Kopf wie ein Eisenlot, das mich zu Boden presste.“) Hier stehen besonders der Traktor und der Geier in einem entgegengesetzten Verhältnis. Der Traktor spiegelt so gesehen das Schlechte und Zerstörte der Welt und besonders das harte und schwierige Leben der Straßenkinder wieder. Auf der anderen Seite steht der Vogel als freies Lebewesen, unbeschwert fliegend und unempfindlich der Hitze gegenüber für die Träume die viele der Kinder haben. Doch gerade dieser Gedanke erschlägt José, da er es nun, fast am Ende der Geschichte Nelios, besser weiß, wie hart und roh zu essen das Leben doch ist. Auf Seite 228 fährt er mit einem Vergleich fort. Hier stellt er die Stadt und sogar vielleicht die Welt als Tempel des Irrsinns dar. (S.228 Z. 9 „Ich stand mitten in der Kathedrale der Ohnmacht.“)
Alle die er um sich sieht, sind arm und nur die Reichen leben in ihren Bunkern mit Klimaanlagen. Er nennt dies den Tempel des Irrsinns, da er es einfach nicht fassen kann, wie groß der Unterschied zwischen reich und arm sein kann und das ein Junge der so reich an Intellekt und Weißheit ist, zu den Armen gehören kann, obwohl er doch José soviel im laufe der Zeit an Verstand und Sinn in seinem Leben gegeben hat. Er erzählt weiter von einer „Invasion“ von Erweckungspredigern, welche die umliegenden Menschen versuchten in ihren Bann zu reißen und diese sich so fühlten, als wäre alles besser wenn sie die Augen wieder aufmachen würden. Doch dem ist nicht so. José Antonio Maria Vaz hat nun eine ganz andere Vorstellung der Apokalypse, die er sich immer regnend mit schwarzen Wolken, Erdbeben und Blitzen vorgestellt hatte. Er erkennt, dass der Verlust eines solchen Menschen, wie Nelio es war, und den Verlust von Zusammenleben, egal ob arm oder reich, den Untergang der Welt bedeutet. (S.229 Z. 4 – 11 „Ich dachte, alle unsere Ahnen hätten sich versammelt, […], und sie hätten genug von den Qualen, welche die Lebenden einander bereiteten. Im gemeinsamen Untergang würden wir uns mit der anderen Welt vereinen. Die Straßen, durch die ich jetzt lief, würden schließlich nur noch eine Erinnerung sein für die, denen es nie ganz gelungen war, das Vergessen zu lernen.“)
Mit dem Vergessen meint er vermutlich, dass Vergessen von Hautfarbe, Vermögen und Charakter, dass alle zusammen leben können und nur so die Welt gerettet werden könnte. Wenn alle, auch die reichen Menschen, sich die Probleme der Welt betrachten und Schicksale, wie Nelios, erkennen und z.B. solch eine wundervolle und wertvolle Person nicht einfach auf einem Dach sterben lassen und ein Bäcker dessen Geschichte nun der Welt berichten muss. „Etwas in meinem Leben ging zu Ende.“ Ist nicht nur allein dieser Satz von José in Zeile 24 auf Seite 229 ein perfektes Beispiel dafür, wie sehr ihm Nelio, sein Schicksal und die damit verbundene neue Weltanschauung ans Herz gewachsen sind und appelliert förmlich daran etwas zu tun, um so etwas nie wieder zu zulassen? Es spiegelt aber auch wieder, dass die Geschichte nun fast zu Ende ist und Nelio bald sterben würde. Das Unausweichliche macht ihm Angst, da alles offenbart sein würde. Das es nichts mehr zu erzählen gibt und man keine Zeit dazu hätte alles noch einmal in das „rechte“ Licht zu rücken, sondern der Tod genau so sicher ist wie das Amen in der Kirche.
<
Ich denke, dass gerade dieser Ausschnitt aus dem Roman „Der Chronist der Winde“ die Angst und gleichzeitige Hoffnung afrikanischer Straßenkinder und armen Menschen sehr gut beschreibt. Es ist sehr ergreifend, wie Henning Mankell das Schicksal einer einzelnen Person und dessen Umgebung dem Leser vermitteln kann. Gerade wenn man sich mehr Gedanken über den Roman und dessen Hintergrund macht, versteht man sehr gut die Probleme und Ängste der einzelnen Menschen in Mosambik und Afrika im Allgemeinen. Besonders dieser Auszug zeigt das Verlangen nach einem einheitlichen Staat und Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen reich und arm, sowie der Unterstützung der Regierung. Meiner Meinung nach hat Henning Mankell durch seine Arbeit in Afrika selber, bei den Menschen, und durch den Bau dieses Theaters einen wichtigen Grundstein dafür gelegt, dass es überhaupt einen gewissen Bildungsstand in „dritte Welt“ Ländern gibt. Durch die Figuren von Nelio und José Antonio Maria Vaz hat er zwei Charaktere geschaffen, welche eindrucksvoll Hoffnung, Angst, Traum und Verzweiflung der Menschen in Mosambik wieder spiegeln.
Das war eine Interpretation aus dem Hausaufgabenweb