In Wolfgang Borcherts Nachkriegs-Kurzgeschichte „Das Brot“ geht es um ein altes, minderbemitteltes Ehepaar, das eine kurze Vertrauenskrise durchmacht, denn der Gatte schleicht sich mitten in der Nacht in die Küche, um ein Stück Brot zu essen, von dem das Ehepaar sowieso schon zu wenig hat, bedingt durch die Knappheit der Lebensmittel nach dem verheerenden 2. Weltkrieg. Durch die Gerüusche geweckt, erwischt sie ihn beim Essen, doch tut sie so, als ob sie nichts wissen würde und versucht quasi ihres Mannes Würde aufrecht zu erhalten, obwohl ihr Vertrauen schwer angeschlagen ist.
Der erste Absatz ist reine Beschreibung die eine etwas düstere Stimmung vermittelt. Wortwiederholungen untermalen dies und den Ort des Geschehens: die Küche. Den Mittelpunkt des Lebens in der Nach- Kriegszeit schlechthin. Der nüchste Absatz ist ebenfalls beschreibend, bloü mit dem Unterschied, dass einem vor Augen geführt wird, was passiert ist. Das Tischtuch war sonst jeden Abend sauber, doch heute ist es voller Krümel. Ein beflecktes Tuch künnte eine Metapher für eine Untat, für Konflikte etc. stehen, wie es nun der Fall ist.
Im dritten Absatz beginnt schon der Dialog und man kann die Gedankengünge der Beiden mitverfolgen. So betrachten sie einander kritisch, vor allem das schon fortgeschrittene Alter des Gegenübers mit Missgunst. Trotzdem empfinden sie noch sehr viel füreinander, denn er macht sich aufrichtig Sorgen um ihr Wohlbefinden, indem er sie darauf aufmerksam macht, dass sie sich Schuhe hütte anziehen sollen. Auf der anderen Seite kann sie nicht nach all diesen gemeinsam verbrachten Jahren und nach all dem, was dieses Ehepaar zusammen im Krieg durchgestanden hat, ertragen, dass er sie jetzt anlügt.
Der Dialog geht weiter und beide spekulieren darüber, was den Lürm verursacht haben künnte, der die beiden geweckt haben soll, obwohl beide genau wissen was vorgefallen ist. So schnippt die Alte „die Krümel von der Decke“ und liefert ihrem Mann Ausreden, damit er vielleicht nicht in Verlegenheit kommt oder sich vor den Kopf gestoüen fühlt.
Nach langen hin und her, indem er ihre vorgekauten Ausreden Willkommen heiüt und reflektiert, beschlieüen sie endlich es sein zu lassen und begeben sich aufs Schlafzimmer und sie schaltet das Licht aus, um sich nicht mehr mit der Lüge ihres Mannes zu konfrontieren, denn sie müsste sonst sich und ihrem Mann die Lüge eingestehen.
„Sie tappten sich beide über den dunklen Korridor zum Schlafzimmer. Ihre nackten Füüe platschten auf den Fuüboden.“ Der dunkle Korridor ist vielleicht ein Symbol für die, nicht immer wührende Dunkelheit oder Krise, die irgendwann vorbei geht. Was hier noch auffüllt ist der Widerspruch der beiden Sütze. Im ersten wir das Wort „tappten“ verwendet, welches leises und vorsichtiges Gehen bedeutet. Im zweiten Satz hingegen „platschten“ ihre nackten Füüe, wobei die nackten Füüe üfters in Borcherts Kurzgeschichten eine Metapher für Armut sind. Jedenfalls ist platschen laut und nicht mehr so vorsichtig und somit wird der Sinn des vorherigen Satzes ein wenig aufgehoben.
Die nackten Füüe allerdings stellen meines Erachtens auch eine gewisse Verwundbarkeit dar, eine Dünnhüutigkeit und Sensibilitüt, vielleicht gegenüber diesen scheinbar kleinen Krisen, die groües Chaos anrichten künnen.
Schlieülich sind sie endlich im Bett und einige Zeit vergeht bis er den Rest vom Brot kaut. Dies künnte heiüen, dass er diese Krise verdaut und da die Frau sich schlafend stellt, kommt jeder mit seiner Weise damit klar.
Dieser und der nüchste Absatz haben bloü einen erzühlerischen Aspekt, in welchen die Frau am nüchsten Abend ihrem Mann 4 Scheiben Brot, anstelle der 3 Scheiben hinlegt. Dies macht sie mit der Begründung, dass sie „dieses Brot nicht so recht vertrage.“ Das künnte sehr wohl der Fall sein, denn sie kann das Brot nicht mit dem Wissen essen, dass ihr Mann lügen muss um seinen Hunger zu stillen. Sie leidet quasi für ihn und ist somit in meinen Augen die stürkere Person von den Beiden. Er hat nicht sehr viel einzuwenden und gibt nach.
Der letzte Satz ist typisch für Borcherts Kurzgeschichten:
„Erst nach einer Weile setzte sie sich unter die Lampe an den Tisch.“
Gekonnt eingesetzt, ist die Lampe oder auch das Licht, eine bekannte Metapher für Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Zukunft, denn das Elend in Borcherts Kurzgeschichten ist sicherlich nicht frei erfunden.
Mit dieser Kurzgeschichte hat Borchert eine jahrelang wührende Ehe beleuchtet, die sonst im Schatten des Krieges stand und sich auch nicht durch Hungersnot oder Vertrauenskrisen zerstüren lüsst. Letztendlich sind die Ehepartner voneinander abhüngig.