a) Interview mit Paul Bäumers Mutter (nach Pauls Tod)
-Guten Tag Frau Bäumer. Sie sind die Mutter von Paul, er hatte sich damals freiwillig gemeldet als Soldat. Wie haben sie reagiert als sie das erfahren haben?
-Ich war entsetzt. Vor kurzem war er doch noch mein kleiner Junge, der sich bei mir ausheulen kam, den ich beschützen musste. Ich konnte es nicht fassen, wie er da stand, in der Tür, und mit Stolz seine Uniform präsentierte. Sein Vater war natürlich total begeistert. Er sagte er wäre sehr stolz auf ihn, und er würde dem Deutschen Reich einen großen Dienst erweisen. Aber niemand von uns weiß wie schrecklich es an der Front ist. Damals wusste Paul es auch noch nicht, man sah die Begeisterung in seinen Augen leuchten. Hätte er gewusst wie es werden würde, hätte er sich sicher nicht freiwillig gemeldet.
-Und wie war die Zeit ohne ihn?
-Es war schlimm. Sehr schlimm. Man durfte nicht daran denken wo er sich gerade befand, noch überlegen was genau er gerade tat. Jede Sekunde konnte er sterben. Wir warteten immer ungeduldig auf seine Post, denn natürlich schrieb er uns regelmäßig. Wenn aber der Brief einen oder zwei Tage zu spät eintraf, war immer Panik angesagt. Lebte er noch? Oder war er tot? Beim öffnen jedes Briefes hofften wir darin seine Schrift zu finden, nicht die eines Anderen der uns seinen Tod mitteilte. Es war grausam.
-Eine ziemlich schwere Zeit für sie. Paul hatte auch manchmal Urlaub, wie war es ihn wiederzusehen?
-Doch, natürlich war es schön. Aber man merkte ihm sofort an, dass er sich nicht sonderlich wohl fühlte. In Gedanken war er an der Front, bei seinen Kameraden. Niemand hier verstand ihn, auch ich nicht, niemand kann einen Soldaten verstehen denn niemand macht das Selbe durch wie er. Aber das Problem war, dass alle vortäuschten ihn zu verstehen. Sie behandelten ihn einerseits wie einen „Helden“, andererseits gaben ihm vor allem die Freunde von seinem Vater und auch sein Vater selbst viele Ratschläge was er tun solle. Sie dachten sie würden sich besser auskennen als er, weil sie von hier aus mehr Überblick haben, nicht wie er nur seinen Frontabschnitt. Dabei wissen sie nicht wie es an der Front ist. Sie wissen es nichts, und müssen sich trotzdem als Kenner darstellen. Das hat Paul wohl sehr aufgeregt. Ich habe nie vorgetäuscht ihn zu verstehen. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht weiß wie es an der Front ist, und dass ich nichts darüber wissen will. Mir war es nur wichtig, dass er unverletzt und wohlauf war.
-Und jetzt wo er tot ist, was denken sie nun über den Krieg ?
-Der Krieg ist etwas Schreckliches. Er hat uns unsere Kinder gestohlen, und eine ganze Generation verschluckt. Wir, das Volk, werden nicht über Grund oder Sinn des Krieges aufgeklärt. Wir sollen nur die Soldaten stellen und für das Vaterland sterben. Unsere Kinder bezahlen mit ihrem Leben die Fehler der Regierungen. Mein Paul wurde erschossen, nur weil die Machthaber Krieg wollten. Hätte Paul gewusst was auf ihn zukommt, hätte er sich damals nicht freiwillig gemeldet. Aber er war noch so jung und unschuldig, er wusste nicht was Krieg ist. Sein Lehrer hat ihn überredet, aber selbst der wusste nicht wie es ist an der Front zu kämpfen, seine Kameraden fallen zu sehen und eines Tages selbst zu sterben. Paul und seine Freunde waren nicht die „eiserne Jugend“, sie waren die unwissende naive Jugend.
-Vielen Dank.

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Interview mit Paul Bäumers Mutter (Im Westen nichts Neues)
Wissen verdoppelt sich, wenn man es teilt.
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