Die Parabel „Gib’s auf“ von Franz Kafka (1883 – 1924) ist im Präteritum geschrieben. Es handelt von einer Person, die unsicher ihren Weg sucht.
Ein Mann, der in einer ihm noch nicht so vertrauten Stadt am Morgen den Weg zum Bahnhof sucht, bemerkt plötzlich, dass die Uhrzeit der Turmuhr nicht mit der seiner Uhr übereinstimmt. Davon lässt er sich sofort verunsichern und weiß nicht mehr, ob er überhaupt den richtigen Weg geht. Er entdeckt glücklicherweise einen Schutzmann und fragt ihn nach dem Weg. Dieser sagt ihm aber nicht den Weg, sondern dass er aufgeben soll.
Die Überschrift „Gib’s auf“ ist gleichzeitig auch der wichtigste Satz der ganzen Handlung. Es ist der Wendepunkt der Parabel.
Die Erzählperspektive des Ich-Erzählers lässt einen unmittelbar am Geschehen teilhaben. Man kann sich sehr gut in die Lage der Person versetzten.
Die Person, von der die Parabel handelt, wirkt sehr unsicher und nicht selbstbewusst. Sie denkt sofort, dass die Turmuhr richtig sein muss und setzt kein Vertrauen in seine Uhr. Er ist sich nicht sicher in dem was er tut, lässt sich schnell beeinflussen und glaubt lieber Fremden als eine eigene Meinung zu haben.
Der Text beginnt, indem dem Leser die Situation geschildert wird. Man weiß schon nach dem ersten Satz wo es handelt, was die Person tut und welche Tageszeit vorherrscht. Im zweiten Satz wird Spannung aufgebaut, indem die Person bemerkt, dass ihre Uhr nicht richtig geht. Die Sätze werden länger und viele Situationen folgen schnell aufeinander, wie hektische Gedankensprünge. Ellipsen und Hypotaxen sollen den Leser verwirren und so fühlen lassen, als wäre er selbst in dieser Lage. Die Spannung wird wieder genommen als er plötzlich einen Schutzmann entdeckt und ihn um Hilfe bittet. Man denkt der Schutzmann wird ihm helfen und er kann beruhigt weiter zum Bahnhof gehen. Kafka lässt aber genau das Gegenteil folgen. Der Wendepunkt ist hier, dass der Schutzmann ihm nur sagt, dass er aufgeben soll, da es keinen richtigen Weg gibt.
Man kann die Handlung in drei Abschnitte teilen. Den ersten Teil von Zeile eins bis sechs. Dieser Teil enthält die Einleitung und die Entdeckung der Turmuhr. Die Einleitung „[…] früh am Morgen, die Straßen rein und leer [..]“ vermittelt eine ruhige Grundstimmung. Er scheint allein unterwegs zu sein, da es noch so früh war. „[…] ich ging zum Bahnhof.“ dies sagt aus, dass er ein kongruentes Ziel hat, den Bahnhof. Er möchte weg von diesem Ort und mit einem Zug verreisen, also sollte er nicht zu spät kommen. Nun entdeckte er die Turmuhr, die eine andere Uhrzeit anzeigte als seine Uhr. Ohne weiter nachzudenken glaubt er sofort, dass seine Uhr die falsche Zeit anzeigt. „[…] der Schrecken über diese Entdeckung ließ mich im Weg unsicher werden […]“, daraus lässt sich schließen, dass er überhaupt kein Vertrauen in sich selbst hat. Es schockte ihn, es hat ihn ganz aus der Bahn gebracht weshalb er nun auch daran zweifelt, ob er überhaupt den richtigen Weg zum Bahnhof geht. Um diese Gedanken zu rechtfertigen meint er, dass er sich in dieser Stadt auch noch nicht so gut auskennt. Er zweifelt nun an allem und ist sich vollkommen unsicher indem, was er tut.
Der zweite Teil geht von Zeile sieben bis neun. In diesem Abschnitt entdeckt er den Schutzmann. „[…] glücklicherweise war ein Schutzmann in der Nähe […]“, das heißt der Schutzmann ist für ihn die einzige Rettung, da sonst niemand auf den Straßen zu sehen ist. Dass er ihn atemlos nach dem Weg fragte („[…] fragte ihn atemlos nach dem Weg […]“), zeigt dass er so unsicher ist, dass er nervös wird. Er fängt an zu schwitzen und schneller zu laufen. Der Schutzmann ist davon aber nicht beeindruckt oder verwundert. Im Gegenteil. Als er antwortet lächelt er sogar noch und wiederholt die Frage („[…] „Von mir willst du den Weg erfahren?“ […]“). Dies klingt wie, als kann er es nicht glauben, dass er ihn nach dem Weg fragt. Es wirkt fast etwas böse und so, als würde der Schutzmann ihn auslachen.
Der dritte und letzte Teil geht von Zeile zehn bis zwölf. Hier findet der Wendepunkt der Geschichte statt. Er besteht darin, dass der Schutzmann ihm als Antwort „[…] „Gib’s auf, gib’s auf […]“ sagt. Die ganze Parabel ist ein Vergleich zum Weg des Lebens. Seine Antwort bedeutet also, dass er es aufgeben soll den richtigen Weg zu finden. Es gibt keinen vorgeschriebenen richtigen Weg, jeder muss seinen Eigenen finden und auf sich selbst hören.
Mir gefällt diese Parabel von Kafka gut, da man sehr lange darüber nachdenken muss, damit man die wahre Kernaussage versteht. Der lange zweite Satz ist aber, durch die vielen Kommas, sehr schwer zu entschlüsseln, was anstrengend sein kann. Mir gefällt außerdem der Vergleich von einer alltäglichen Situation mit dem Weg des Lebens gut.
Interpretation Franz Kafka „Gib’s auf“