Der Berliner Reichstag von (Johann) Paul Wallot

1. Zur Person
Johann Paul Wallot stammt aus einer hugenottischen Familie, deren Ursprung in Südfrankreich unter dem Namen Vallot zu suchen ist. Er wurde am 26 Juni 1841 in Oppenheim am Rhein geboren. Von 1856-1859 besuchte er die höhere Gewerbeschule in Darmstadt. Im folgenden Jahr war er Schüler der technischen Hochschule in Hannover die Prof. Conrad Wilhelm Hase. 1861 ging er an die Königliche Bauakademie nach Berlin. Sein Studium der Architektur schloss er jedoch in Gießen ab.
Im darauf folgendem Jahr wirkte er als Bauakzessist in Hessen. Von 1864-1868 kehrte er wieder nach Berlin zurück, wo er den bei Architekten Heinrich Strack, Richard Lucae und Friedrich Hitzig mitarbeitete, zudem auch bei der Fa. Gropius & Schmieden wo er den Architekten Martin Gropius und Heino Schmieden beiwirkte.
Von 1867 bis 1868 unternahm Wallot Studienreisen nach Italien und Großbritannien um sich inspirieren zu lassen. Nachdem er wider nach Deutschland zurückgekehrt ist, ließ er sich in Frankfurt/Main als eigenständiger Architekt nieder, arbeitete jedoch auch mit den Architekten Heinrich Burnitz und Alfred Friedrich Bluntschli zusammen.
1872 machte sich Wallot auf den Weg einer zweiten Studienreise nach Italien. Nach der Rückkehr von dieser Reise nahm er an verschiedenen Wettbewerben teil, z. B. 1883 für das Niederwalddenkmal und 1880 für den Hauptbahnhof in Frankfurt. Seine Pläne kamen aber nicht zur Ausführung.
Den Durchbruch erzielte Wallot mit seinem Entwurf für den Berliner Reichstag. Zusammen mit Friedrich von Thiersch erhielt er 1882 den ersten Preis, denn die Kuppel aus Glas und Stahl galt als Hauptattraktion, etwas völlig neuartiges. Er zog nach Berlin und 1884 wurde der Grundstein gelegt. Gut 10 Jahre später, 1894, wurde der Bau abgeschlossen, jedoch nicht ohne Zwischenfälle. Es mussten zahlreiche Änderungen auf Wunsch der Regierung und des Kaiser Wilhelm vorgenommen werden, und auch ergaben sich Streitigkeiten aufgrund der Innenausstattung, worauf Wallot seinen Posten als Leiter der Innengestaltung aufgab.
Bis 1911 arbeitete er als Dozent an der Technischen Hochschule in Dresden, wo er auch mit dem Neubau des sächsischen Ständehauses beauftragt wurde. Das Projekt des Reichstages beschäftigte ihn jedoch weiter und hatte Führungsposition beim Bau des Präsidialbaus von 1897-1907.
Im Alter von 70 Jahren zog sich Wallot nach Biebrich am Rhein zurück, wo er ein Jahr später, am 10. August 1912 starb.

2. Der Reichstag
2.1 Geschichte
Seine Errichtung wurde bereits am 19. April 1871 vom Deutschen Reichstag beschlossen, da die Gründung des Deutschen Reichstags mit dem dringenden Bedürfnis nach einem Repräsentationsbau verbunden war. Der Bauplatz sollte das Grundstück des Grafen Atanazy Raczynski an der Ostseite des Königsplatzes, heute der Platz der Republik) sein. Den ersten internationalen Wettbewerb gewann im Juni 1872 Ludwig Bohnstedt aus Gotha, der einen Bau in Neurenaissancestil mit Triumphbogenarchitektur am Eingang, zwei großen Innenhöfen, leicht vortretenden Eckpavillons und flacher Kuppel plante. Jedoch weigerte sich der Graf das Grundstück zu verkaufen. So konnte die Frage erst 1881 geklärt werden, da der Erbe des verstorbenen Grafen dem Verkauf zustimmte. Es kam erneut zu einer Wettbewerbsausschreibung, zu der jedoch nur deutsche Architekten zugelassen wurden und so gewann Paul Wallot. Erst am 9. Juni 1884 kam es zur Grundsteinlegung, da die Pläne Wallots nach den Vorstellungen der Reichsbaukommission umgeändert werden mussten. Die bBuzeit betrug 10 Jahre, die mit der feierlichen Schlusssteinlegung am 5. Dezember 1894 beendet wurde. Die Inschrift „Dem Deutschen Volke“ auf dem Giebel wurde erst 1916 während des Ersten Weltkrieges angebracht, da der Kaiser. zunächst nicht einverstanden war. Philipp Scheidemann rief am 9.11.1918 vom Fenster die Republik aus und beendete somit die Monarchie. Ein Teil des Hauses wurde am 27.2.1933 beim Reichstagsbrand zerstört. Nach dem Krieg (1961-1971) wurde der Reichstag durch Paul Baumgarten 1961-71 in vereinfachter Form wieder aufgebaut. Nach der Wiedervereinigung beschloss der deutsche Bundestag, das Gebäude wieder als Parlament zu nutzen. Daher wurde der englische Architekt Sir Norman Forster beauftragt, das Gebäude als modernes Arbeitsparlament umzubauen (1994-1999). Die neue, von Foster konstruierte, zunächst heftig umstrittene Glaskuppel ist mittlerweile zum neuen Wahrzeichen der Stadt geworden. Seit 1999 ist das Reichstagsgebäude wieder Sitz des Deutschen Bundestages.

2.2 Architektur
Paul Wallot schuf den Reichstag im Stil des Historismus (auch Eklektizismus genannt, da verschiedene Epochen aufgegriffen wurden), was zu dieser Zeit typisch für viele Regierungsgebäude war. Die Außengestaltung der Fassade trug hauptsächlich charakteristische Formen der italienischen Hochrenaissance (Neorenaissance), verbunden mit einigen Elementen der deutschen Renaissance. Der Eingangsbereich wurde in Anlehnung an die griechische Antike geschaffen und die für die damalige Zeit hochmoderne Gestaltung der Kuppel aus Glas und Stahl findet ihre Ursprünge im Barock, ebenso erinnern die Figuren auf den Ecktürme und der Dachkante an diese Epoche. Da das Gebäude zukünftig das Deutsche Reich repräsentieren sollte, ließ Wallot regionale Baustile der deutschen Staaten, Schriften, Schmucktafeln und Figuren der deutschen Kulturkreise einfließen. Dadurch konstruierte er ein Gebäude, das die Souveränität der Deutschen Kleinstaaten betonte, aber auch vereinte .
Paul Wallot wählte für das 137 mal 103 Meter große Gebäude des Reichstages einen vierflügeligen Bau auf rechteckigen Grundriss, bei dem sich alle Räume geschlossen und symmetrisch um die zwei Innenhöfe (30mx15m) anordnen. Die Haupträume bilden eine Achse von Ost nach West, bestehend aus der großen polygonalen Halle, dem Plenarsaal und der Ostvorhalle. Charakteristisch sind zudem die leicht hervortretenden vier kastellartigen Ecktürme(36x20x20), die für die vier Königreiche Bayern, Württemberg, Hannover und Preußen stehen. Das Gebäude ist geprägt von vier gleichen, aus Sand- und Kalkstein, Granit und Marmor bestehenden Fassaden, im Sinne einer Rundumarchitektur. Von den insgesamt drei Geschossen umspannt eine umfassende Kolossalordnung mit korinthischen Säulen das erste und zweite Obergeschoss des ganzen Gebäudes. Die einzelnen Fassaden werden durch Mittelrisalit,(Portikus) und Eckpavillons gegliedert, der Eingang befindet sich in der Mitte an der Westseite mit einer breiten Freitreppe und einem Portal. Er besteht aus sechs Rundsäulen, die einen klassischen Giebel tragen. Das Giebelfeld besteht aus dem Reichsadler und symbolischen Statuen, die Macht und Größe verkörpern sollen. Auf dem Dach oberhalb des Mittelrisalites befand sich ein baldachinartiger Kuppelaufbau auf quadratischem Grundriss. Wallot schuf eine Eisen-Glas-Konstruktion, die direkt über dem Sitzungssaal liegt. Diesen Plan hegte der Architekt schon ursprünglich, jedoch zeigte sich der damalige Kaiser Wilhelm von diesem Plan nicht begeistert und war vor allem bezüglich der Lichtverhältnisse skeptisch, sodass der Entwurf widerwillig von Wallot umgeändert wurde. Die Kuppel sollte nun über die westliche Eingangshalle verlegt werden. Unzufrieden übersah Wallot seine alten Pläne abermals und konnte schließlich seinen Auftraggeber doch von der ehemaligen Ausführung überzeugen. Da der Bau jedoch nach den abgeänderten Plänen schon weit vorangeschritten war, bedurfte es einer Änderung der Kuppel, sodass schließlich nach der Ausarbeitung von dem zur Rate gezogenen Ingenieurs Zimmermann die Kuppel an Höhe einbüßte und so nur noch 74 statt ursprünglich 85 Metern maß. Um auch das Gewicht zu reduzieren, schlug Zimmermann Glas und Stahl als Material vor. Im Gegensatz zu den übrigen Teilen, war diese Kuppel kein Symbol der Renaissance, oder der kulturellen Diversität des deutschen Reiches, sondern stand für das moderne, durch technischen Fortschritt geprägte Reich. Und für die transparenten Werte. Unter dieser Kuppel, im Zentrum wurde der Sitzungssaal errichtet, dem so Tageslicht zugeführt wurde.
2.3 Innenausstattung
Für die Innenausstattung des Reichstagswurde eine“ Reichstagsausschmückungskommission” beauftragt, da der Kaiser nicht allein Wallot damit bevollmächtigen wollte. Die Meinungen gingen weit auseinander, während einige eher die Qualität bevorzugten, waren andere der Meinung, das neue Repräsentantenhaus würde nur dann seiner Funktion gerecht werden, wenn es quantitativ – bezüglich der Kunstwerke- alle anderen überragte. So wurden für die Deckenbemalung einzelne Künstler beauftragt. De 16 Turmskulpturen wurden ebenfalls von verschiedenen Künstlern geschaffen. Auffallend waren auch dutzende von Wappen, die den Reichstag im Innern schmückten- sozusagen als Legitimation und Rechtfertigung für ein geeintes Deutsches Reich. Anolog zur äußeren prunkvollen Gestaltung wurde auch im Innenraum viel mit Marmor gearbeitet, um Macht und Größe zu demonstrieren.
Machtdemonstration durch Architektur widerspricht jedoch der tatsächlichen Macht, die die Einrichtung hatte. Der Reichstag durfte nur Steuergesetze bewilligen

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