Reaktorunfall Tschernobyl
Das in der heutigen nördlichen Ukraine, an der Grenze zu Weißrussland liegende Atomkraftwerk Tschernobyl bestand insgesamt aus 4 Reaktorblöcken.
Am 25. April 1986 sollte im 4. Block ein Experiment stattfinden, bei dem überprüft werden sollte, ob die Turbinen bei einem kompletten Stromausfall im Kraftwerk noch genügend Strom liefern können, um die Notkühlung des Reaktors zu gewährleisten.
Um das Experiment unter realistischen Bedingungen ablaufen zu lassen, wurde zuvor das Notprogramm abgeschaltet, das für die Kühlung der Brennstäbe zuständig gewesen wäre.
Noch dazu kommt, dass das Experiment verschoben wurde, sodass die unvorbereitete Nachtschicht des 26. April das Experiment durchführen musste.
Durch einen Bedienungsfehler des unerfahrenen Reaktoroperators Leonid Toptunow fiel kurz vor Beginn des Experiments die Reaktorleistung stark ab. Um sie wieder anzuheben, entfernten die Operatoren Bremsstäbe (mit denen die atomare Kettenreaktion kontrolliert werden kann) und unterschritten dabei die zulässige Minimalgrenze von 28 Stäben.
Akimow, der Schichtleiter, und Toptunow wollten den Test abbrechen, doch Djatlow, ein anderer Angestellter trieb sie weiter an. Dabei sprach er die historischen Worte: „Noch ein, zwei Minuten, und alles ist vorbei! Etwas beweglicher, meine Herren!“
Spätestens an dieser Stelle wäre das Sicherheitsprogramm komplett angelaufen und hätte eine Katastrophe verhindert.
Als Akimow den sprunghaften Leistungsanstieg im Reaktor bemerkte, löste er das Sicherheitsprogramm manuell aus. Sofort wurden alle Bremsstäbe eingefahren (über 200 Stück!).
Aufgrund eines Konstruktionsfehlers war die Einfahrgeschwindigkeit der Bremsstäbe viel zu niedrig, deutlich langsamer als in Westlichen Kernkraftwerken.
Fatalerweise hatten sich durch die ungeheure Hitze im Reaktorkern auch noch die Kanäle der Bremsstäbe verformt, und die Bremsstäbe verklemmten sich unwiderruflich.
Nun war die Katastrophe nicht mehr zu verhindern.
Dazu kam noch, das durch eine chemische Reaktion Knallgas entstand (Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff).
Eine mächtige Knallgasexplosion zerriss den Reaktor und alles, was ihn umgab. Ein großer Teil des radioaktiven Reaktorinhalts wurde nach draußen geschleudert. Glühende Teile entzündeten das Dach des benachbarten 3. Blocks.
Durch die Explosion traten Unmengen von Radioaktivität aus dem Reaktor.
Freiwillige mit nur unzureichendem Schutz versuchten das entstandene Feuer zu löschen.
Die Unfallstelle wurde mit Beton abgedichtet um einen weiteren Austritt radioaktiver Strahlung zu unterbinden.
Die 30 000 Einwohner der benachbarten Stadt mussten evakuiert werden.
Durch Luftströmungen verteilten sich die radioaktiven Teilchen in großen Teilen
Europas und Westasiens.
Durch Niederschläge z.B. gelangten diese Teilchen zu Boden und verstrahlten weite Landstriche.
Die auf dem verseuchten Böden erzeugten Nahrungsmittel waren stark belastet und für den Verzehr nicht mehr geeignet.
Weiterhin erkrankten durch diesen Fallout viele Menschen an Krebs.
Viele Kinder, die danach in der Umgebung des Reaktors geboren wurden kamen mit Missbildungen (Mutationen) zur Welt.
Im Jahr 2008 wurde ein riesiger Stahlmantel zum Schutz vor der radioaktiven Strahlung auf Schienen über den zerstörten 4. Block geschoben.
Bis zum Dezember 2000 waren jedoch Block 1. und 2. noch in Betrieb.