Der Städtebauer von Bertolt Brecht – Interpretation und Inhalt.

1.)Die Parabel der Städtebauer von Bertold Brecht wurde 1945 veröffentlicht und erzählt die Geschichte eines freundlichen Mannes, der durch seine Hilfsbereitschaft den Preis für gutes Bauen gewinnt. Dieser Mann hilft allen anderen beim Bau ihrer Häuser und schafft es daher selbst nur Holzstock zu zimmern. Am Tage des Wettbewerbs zeigen alle einander ihre Häuser, jedoch kann der Mann keines vorweisen. Als am Abend alle Einwohner der Stadt Bericht erstatten über das Bauprojekt, muss dieses auch der Freundliche tun. Alle sind jedoch erstaunt über seine Angaben und verwundert, dass er so wenig geschafft hat in der Zeit. Daraufhin erinnert der Versammlungsleiter die Zuhörer, dass er jedem geholfen hätte und ihm somit der Preis für gutes Bauen zustehe, da er in der wenigen Zeit, die er noch zur Verfügung gehabt habe, einen sehr schönen Türstock gezimmert habe.
Wahrscheinlich wird sich jeder Leser fragen, warum die Menschen nur vergessen konnten, dass ihnen geholfen wurde. Oder warum die Einwohner die Hilfsbereitschaft nicht anerkannten?
Das Ende der Parabel bleibt offen und somit werden auch die Fragen des Lesers an den Text nicht beantwort. Die Parabel soll anregen über das Geschehene nachzudenken und sich eine Meinung zu bilden.
Des weiteren hat sie eine lehrhafte Funktion, die dem Leser als Beispiel dienen soll. Keiner der Stadtbewohner hat die Leistung des Freundlichen anerkannt. Für viele Menschen ist es selbstverständlich, dass ihnen geholfen wird , ohne dass sie selbst Hilfe anbieten.

<>Bertolt Brecht unterstreicht seine Aussage durch die Identitätslosigkeit der agierenden Personen. Die Menschen werden nur mit der Präposition „Sie“ bezeichnet, als die Masse der egoistischen Städtebauer, wo das Einzelschicksal keine tragende Rolle spielt. Nur der Freundliche und der Versammlungsleiter heben sich von der Masse ab durch ihre Taten.
Es wird deutlich hervorgehoben, dass keine Namen in der Parabel verwendet werden und es somit dem Leser ermöglicht wird, sich selbst in die Personen hineinzuversetzen oder die Handlung auf andere Situationen des Lebens zu übertragen
Ein weiteres Merkmal der Parabel ist die Unterscheidung in Bild- und Sachebene.
Das bedeutet, dass man beim Übertragen der Situation auf das eigene Leben die Bildebene verlässt und sich in die Sachebene der Parabel begibt. Das setzt voraus, dass man sich kritisch mit der Parabel auseinandersetzt und nach dem Sinn oder der Aussage der Parabel fragt , denn der Sinn ist nicht in der Geschichte (Bildebene) selbst.
Die Vermutung liegt nahe, dass Bertolt Brecht nicht nur über einen kurzen Ausschnitt des Lebens eines Mannes berichten wollte, der Häuser baut.
Obwohl die Parabel plötzlich anfängt und genauso abrupt endet, lässt sie doch viel Platz für Interpretationsmöglichkeiten. Die klare und einfache Handlungsstruktur, die dem Leser ermöglicht das geradlinige Geschehen zu verfolgen, wird durch den einfachen Satzbau gestützt.
Ein weiteres mögliches Merkmal der Parabel ist, dass sie in einem kulturellen und historischen Kontext eingebunden ist.
„Der Städtebauer“ erschien 1945 und somit am Ende des Zweiten Weltkrieges oder nach dessen Beendigung, die Tatsache bleibt jedoch gleich, dass Deutschland durch den Krieg zerstört wurde und man beginnen musste, die Städte wieder aufzubauen.
Es bleibt eine Frage der Interpretation, ob die Parabel ein Appell darstellen soll an die Bevölkerung, dass sie zusammenarbeiten bzw. zusammenhalten soll, wie „der Freundliche“ den Stadtbewohnern half die Stadt (wieder)aufzubauen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Bevölkerung wach gerüttelt werden soll, um zuerkennen, dass die Hilfe eines Menschen nicht als selbstverständlich hingenommen werden darf bzw. als etwas Besonderes anerkannt werden muss. Es gibt viele Interpretationsansätze, ob „die Städtebauer“ nur egoistisch waren und keinen halfen beim Bauen, weil jeder den Preis gewinnen wollte, außer „der Freundliche“ lässt sich da hinstellen. Deutlich wird jedoch, dass die Parabel eine aufklärerische Funktion hat, sowie dass ein allgemein interessierender Einzelfall im Mittelpunkt steht nämlich die Taten des „Freundlichen“.
Die Taten des „Freundlichen“ werden durch die Aufzählungen des Versammlungsleiters verdeutlicht. Der Satz „Für das Haus dort baute er den Giebel, dort setzte er ein Fenster ein, ich weiß nicht mehr, welches, für das Haus gegenüber zeichnete er den Grundplan“ (Z. 15-16) zeigt, was der Freundliche geleistet hat. Man kann sich sogar bildlich vorstellen, wie der Versammlungsleiter auf die Häuser zeigt, wenn er das Wörtchen „dort“ verwendet. Es wirkt wie eine Aufforderung, als wolle er sagen: „Schaut euch das Haus an, dieses Haus, dort hat der Freundlich mitgeholfen“. Des weiteren wird die These gestützt, dass der „Freundliche“ vielen Einwohnern geholfen hat durch die Aussage „ich weiß nicht mehr welches“. Es wirkt, als ob der Versammlungsleiter sich nicht mehr erinnern könnte, bei wie vielen Häusern der hilfsbereite Mann mitgeholfen hat, weil es anscheinend so viele waren. Im Laufe der Handlung wird deutlich, dass nur der Versammlungsleiter die Taten des Freundlichen anerkennt. Die restlichen Einwohner der Stadt scheinen vergessen zu haben, dass sie ihre Häuser nicht alleine gebaut haben, sondern nur mit anderer Hilfe.
Obwohl der „Freundliche“ sehr viel geleistet hat, verliert er kein Wort über seine Hilfe. Es scheint, dass es für ihn selbstverständlich ist, dass er anderen Menschen hilft. Am Tag des Wettbewerbs „ging er mit ihnen, von Haus zu Haus, den ganzen Tag über, und lobte sie alle“ (Z. 2-3) . Die Anapher „von Haus zu Haus“ zeigt zu einem, dass er sich jedes Haus angeschaut hat, zum anderen dass er die Arbeiten der anderen würdigt.
Jedoch steht nicht nur der Freundliche im Mittelpunkt des Geschehens sondern auch der Versammlungsleiter, der durch seine wörtliche Rede den Wendepunkt der Geschichte einleitet.
Wie oben schon erwähnt, erkennt er als einziger die Taten des Freundlichen an im Gegensatz zu den Einwohnern, die diesen am liebsten auslachen möchten, weil er nur einen Türstock vorzuweisen hat. Dieses Verhalten zeigt nicht nur kindliche Züge, sondern es wirkt auch demütigend auf den Freundlichen. Er wird von den Menschen gedemütigt, denen er geholfen hat.
Es ist erschreckend zu sehen, wie immer mehr materielle Dinge an Wert zunehmen wie im Beispiel der Parabel, wo jedermann bestrebt ist das größte und schönste Haus zu bauen und dabei die menschlichen Werte immer mehr zurück gedrängt werden.
Sind es nicht die menschlichen Werte, die einen Menschen ausmachen?
Wie damals so auch noch heute, regt die Parabel den Leser zum Denken an und hat meines Erachtens ihre Bedeutung nicht verloren. Sie wird auch nie ihre Bedeutung verlieren, solange das Glück des Menschen vom Geld oder materiellen Dingen abhängig ist. Damit verbunden ist leider auch, dass Menschen ausgenutzt und ausgebeutet werden auf Grund ihrer Hilfsbereitschaft.
Solange man für Steuerhinterziehung eine längere Gefängnisstrafe bekommt als für Mord, wie es in Deutschland der Fall ist, solange bleiben die menschlichen Werte teilweise vergessen. Geld kann man ersetzten, zerstörte Gegenstände durch Neue, aber ein Menschenleben kann keiner ersetzten. Es ist ein Gut wie Liebe, Freundschaft und Hilfsbereitschaft, so etwas darf man nicht vergessen und sollte auch nie in Vergessenheit geraten, denn solche Sachen machen das Leben lebenswert und nicht Geld.

900610f04d95429eaa92afdbb5bcf25a - Der Städtebauer
Der Städtebauer
Wissen verdoppelt sich, wenn man es teilt.
Markiert in:                 
Abonnieren
Benachrichtigen von
guest
0 Comments
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen