In der sogenannten Kammerdienerszene erhält Lady Milford ihr Hochzeitsgeschenk vom Herzog, ein paar unbezahlbare Brillianten, und fragt den Kammerdiener nach dem Preis dieser Juwelen. Er erwidert: „Sie kosten dem Herzog nichts“ und erst nach weiterem Fragen klärt er die Lady über den Soldatenhandel auf. Milford reagiert bestürzt, schockiert und sehr emotional, denn sie hatte keine Ahnung von den schrecklichen Dingen, die ihr Herzog mit seinen Landeskindern trieb. Sie bereut ihr Handeln („ich habe sie alle getrocknet, die Tränen des Landes“) und ihre naive Ignoranz und will den verkauften Landeskindern helfen, indem sie die Edelsteine verkauft und somit die Soldaten von England wieder zurückkauft.
Nach dieser Szene tritt Ferdinand ein und erklärt der Lady Milford, dass er sich aus Ehrensgründen und seinem Herzen nicht in die Ehe einlassen kann (gegen den Willen seines Vaters).
Die Kammerdienerszene ist der erste Wendepunkt [Später – nach dem Gespräch mit Ferdinand – distanziert sie sich aufgrund der Erkenntnisse, die ihr das Gespräch gebracht hat, vom Herzog. Ihr entgültiger Entschluss, zum bürgerlichen Leben und nach England zurückzukehren fällt jedoch erst nach der Unterhaltung mit Louise. Sie entdeckt in ihr ihr moralisches Ideal und ist von der Gesellschaft am deutschen Hof sehr enttäuscht und angewidert.] der Einstellung der Lady Milford, damit man später ihren Entschluss, zurück nach England zu reisen, nach dem Gespräch mit Louise nachvollziehen kann. Es zeigt auch, dass Lady Milford ein Gewissen besitzt und dass das (bürgerliche) Aufrichtige, das scheinbar mit ihrer Position erlosch, doch noch in ihr existiert. Ab dieser Szene denkt sie auch bewusster (im Stück) nach und gibt sich nicht mehr so oberflächlich. Belegbar ist es nur damit, dass ohne die Kammerdienerszene ihr Entscheidung (-> 4. Akt, 6.-9. Szene) weniger zwingend auf den Leser wirkt. Sie ist aber für die Handlung nicht unbedingt notwendig, ein Indiz dafür, dass sie später eingebaut wurde.
Doch eine zweite Funktion, die über das Stück hinaus geht, ist auch die Verdeutlichung der damaligen grausamen Zustände: unmenschlich verkaufen die Herzöge (u.a.) ihre Landeskinder, indem sie mit Ländern wie z.B. England Soldatenhandel betreiben.
Ein Beleg dafür wäre, dass die Szene nachträglich eingebaut wurde, und zwar nach den Recherchen, denen Schiller nachging. Sie dient der Kritik am Despotismus (= Willkürherrschaft) in den deutschen Kleinstaaten.
Somit erfüllt diese Szene praktisch zwei Funktionen: sie ist eine Stütze der Handlung und Entscheidungsmotiv der Lady M. und klärt dazu über das Stück hinaus über die Missstände im Land auf.
Schiller hatte im Sturm und Drang mit der Rolle der Lady Milford eine außergewöhnliche Erscheinung geschaffen: eine Person wandelt ihre Einstellung und ihren Charakter sehr stark und kehrt zum Ideal des Sturm und Drang zurück (aus Gewissensgründen).